70 Stunden mit dem Bus durch Kanada – Tag 2

Logbuch einer 4800 km langen Reise quer durch den amerikanischen Kontinent

Geschrieben am 4. Oktober 2013 von

Und weiter geht es auf unserer Busfahrt von Toronto nach Vancouver, quer durch Kanada. Nachdem wir am ersten Tag  Toronto hinter uns gelassen haben, werden wir jetzt am Lake Superior (Oberer See) entlang fahren, bis wir die Großen Ebenen (Prärien) erreichen.


Sonntag, 7.35 Uhr, Nipigon, Ontario, Stunden im Bus: 19

Unser Greyhoundbus - im Anhänger sind die Fahrradboxen verstaut

Unser Greyhoundbus – im Anhänger sind die Fahrradboxen verstaut

„Guten Morgen Tag 2 im Bus.“ Der Bus rüttelt uns wach. Überrascht schauen wir uns an „Wir konnten tatsächlich schlafen!“ In der Nacht haben wir zwar ein paar Mal angehalten und wir haben jetzt eine Busfahrerin anstelle eines Busfahrers, aber davon haben wir kaum etwas mitbekommen. Gut gepolstert mit unseren zwei Kopfkissen war es gar nicht so unbequem in den Sitzen zu schlafen.
Als wir aufwachen ist es wieder hell draußen. Wir sind immer noch in Ontario und fahren am Nordufer des Lake Superior (Oberer See) entlang, dem nördlichsten der fünf großen Seen. Der nächste Halt soll Thunder Bay sein, die letzte große Stadt an den großen Seen auf unserem Weg gen Westen.


Sonntag, 10.30 Uhr ⇨ 9.30 Uhr, Thunder Bay, Ontario, Stunden im Bus: 22

Die Busfahrerin gibt die Zeitumstellung bekannt. Zwischen Toronto und Vancouver sind es drei Stunden Zeitunterschied. Wir werden also noch zwei weitere Zeitzonen auf unserem Weg passieren.


Sonntag, 11.35 Uhr, Ignace, Ontario, Stunden im Bus: 24

Jubiläum! Wir sitzen seit 24 Stunden im Bus. Alle negativen Befürchtungen sind nicht eingetreten. Wir sind fit, halbwegs ausgeschlafen und freuen uns, aus dem Fenster zu schauen und die sich langsam verändernde Landschaft zu beobachten. Wir machen regelmäßig Pause und können uns so die Beine vertreten und die Toiletten in den Busstationen benutzen. Langsam ersehnen wir uns aber eine Duschmöglichkeit oder wenigstens eine Waschmöglichkeit. Heute Abend haben wir eine sechsstündige Umstiegspause, in der wir den Bus wechseln und wir hoffen, uns dann etwas ausgiebiger frisch machen zu können.


Sonntag, 17.30 Uhr, Ste Anne Junction, Manitoba, Stunden im Bus: 29

Weite Ebenen breiten sich vor unseren Augen aus.

Weite Ebenen breiten sich vor unseren Augen aus.

In den letzten Stunden ist nicht viel passiert. Wir fahren einfach nur Stunde um Stunde geradeaus. Das Land ist immer flacher geworden und plötzlich hören die Bäume am Straßenrand auf. Endlose Felder breiten sich nun vor unseren Augen aus.


Sonntag, 18.00 Uhr, Winnipeg, Manitoba

Wir sind endlich in Winnipeg angekommen. Hier müssen wir mitsamt unseren Reiserucksäcken umsteigen und knapp sechs Stunden auf den nächsten Bus warten. Leider gibt es hier keine Duschmöglichkeiten, aber immerhin eine einzelne, abschließbare “Familientoilette” inklusive Waschbecken im gleichen Raum. So machen wir das Beste daraus und genehmigen uns eine „Waschbeckendusche“.
Frisch geduscht und mit frischen Klamotten lässt es sich doch viel besser warten.


Sonntag, 22.45 Uhr, Winnipeg, Manitoba

Warten auf den Bus ist schlimmer als warten im Bus. In einer gespenstischen Wartehalle mitten in einem Industriegebiet sitzen wir auf weißen und blauen Plastikstühlen. Wir sind müde und haben keine Lust zu gar nichts. Im Bus haben wir wenigstens das Gefühl voran zu kommen, aber hier vergehen die Minuten, ohne dass etwas passiert. Nur ein paar Greyhound-Mitarbeiter laden Gepäckstücke um. Wir entdecken einen unserer Fahrradkartons und uns schwant nichts Gutes, als wir sehen, wie ramponiert er jetzt schon ist.


Sonntag, 23.30 Uhr, Winnipeg, Manitoba

Unser Fahrradkarton wird umgeladen

Einer unserer Fahrradkartons sieht schon beim ersten Umladen sehr ramponiert aus

Endlich wird unser Bus ausgerufen. Bevor wir einsteigen können, müssen alle Passagiere eine Sicherheitskontrolle durchlaufen. Wir müssen Messer und Scheren aus dem Handgepäck auspacken und dem Kontrolleur dabei helfen, unsere Fahrradtaschen zu öffnen, weil er etwas ratlos vor den ihm unbekannten Verschlüssen steht. Zu den Online-Tickets müssen wir auf einmal auch unsere Ausweise vorzeigen, die wir glücklicherweise griffbereit im Handgepäck verstaut haben. Erst danach dürfen wir überhaupt durch die Glastür zu dem Bus gehen. Obwohl es striktere Kontrollen gibt, läuft alles sehr viel organisierter, stressfreier und angenehmer ab, als wir es in Toronto erlebt haben. Dort herrschen chaotische Verhältnisse. Die Leute müssen in einer langen Schlange mitten zwischen den Bussen warten und ein bis maximal zwei Angestellte sortieren das Aufgabegepäck in den Bus, diskutieren mit den Leuten über die erlaubte Gepäckmenge und werfen nebenbei einen kurzen Blick auf die Tickets. Von Sicherheitskontrolle keine Spur, wir wussten nicht einmal, dass Messer usw. im Greyhound-Bus verboten sind.


Sonntag, 23.40 Uhr, Winnipeg, Manitoba, Stunden im Bus: 35

Endlich geht unsere Fart weiter. Während wir schlafen, bringt uns der Bus mit jedem Kilometer ein Stückchen näher an Vancouver heran.