Auf nach Toronto!

Geschrieben am 5. Dezember 2012 von

Der Bus mit unseren Fahrrädern auf der Nase

Das erste Mal seit langer Zeit stellen wir wieder den Wecker, weil wir den Bus nach Toronto nicht verpassen wollen. Mit Sack und Pack fahren wir morgens zur Bushaltestelle, wo wir unsere Fahrräder auf einen Ständer vorn am Bus festmachen können und unser Gepäck unten in die Gepäckfächer hinein tun. Wir sind etwas skeptisch, weil die Räder in den Ständer nur hineingestellt werden und nur von einem einzigen Klappbügel am Vorderrad festgehalten werden. Und wirklich schwanken unsere Fahrräder im später Fahrtwind bedrohlich hin und her, was wir durch die Frontscheibe bestens beobachten können. Aber erstaunlicherweise hält die Konstruktion. Über den Highway fahren wir fast anderthalb Stunden in Richtung Nord-Westen und können zwischendrin sogar schon einen Blick auf den Ontariosee erhaschen, an dessen Ufer Toronto liegt.

Der Zug nach Toronto

Bevor wir jedoch dort ankommen, müssen wir noch eine ganze Strecke mit dem Zug bewältigen. Als wir mit unseren Fahrrädern aus dem Fahrstuhl auf den Bahnsteig rollen, freuen wir uns über eine praktische Rampe, die den Einstieg in den Zug erleichtert. Sie bringt uns auf eine Ebene mit dem Boden des Zuges, der an dieser Stelle auch extra breite Türen hat, sodass wir die Fahrräder samt Gepäck problemlos in den Zug hineinrollen könnten. – Als wir aber genau dies tun wollen, teilt uns der Schaffner mit, dass dies nicht erlaubt sei (ist nur für Rollstuhlfahrer) und wir doch bitte die nächste Tür nehmen sollen. Na toll!

Geschafft! Wir sind im Zug.

An der nächsten Tür müssen wir die Fahrräder über zwei Stufen hochheben und außerdem noch das Gepäck abmachen, weil der Durchgang so schmal ist. Da wir ziemlich als letzte einsteigen wollten, dann noch zur nächsten Tür gehen mussten und jetzt noch zwei Fahrräder samt Gepäcktaschen verstauen müssen, halten wir den gesamten Zug auf. Der Schaffner sagt zweimal an, dass wir von den Türen weggehen sollen, weil sie zugehen und der Zug losfährt. Erst beim dritten Mal kann er dann tatsächlich losfahren, nachdem wir alles hinein gehievt haben und auch beide im Zug sind. Das Aussteigen am Hauptbahnhof in Toronto ist ähnlich stressig. Der Zug will gleich weiterfahren und wir bekommen gerade noch die letzte Packtasche von einem netten Fahrgast heraus gereicht, bevor die Türen auch schon wieder zugehen und der Zug abfährt.

Der Hauptbahnhof der größten Stadt Kanadas hat den gleichen Charme wie der Bahnhof in Zwickau. Es sind zwar einige Gleise vorhanden, aber wir sehen kaum Züge. Der Bahnsteig ist eine halbe Baustelle und die einzige weitere Person ist eine Arbeiterin in Warnweste. Sie schüttelt staunend den Kopf, als wir nacheinander mit dem Aufzug nach unten fahren und uns nicht zusammen hinein drängeln.

In der U-Bahn, die uns in den Norden Torontos bringt, ist da schon deutlich mehr los. Wir blockieren den halben Wagen mit unseren Fahrrädern, aber je weiter wir hinaus kommen um so leerer wird es und die Leute gucken nicht mehr ganz so genervt. Von der letzten Station müssen wir dann noch sechs Kilometer Rad fahren, bevor wir in unserer neuen Bleibe ankommen. Es ist eine Art WG, in der man Zimmer auch wochenweise buchen kann. Sie sind „möbliert“, was in unserem Fall heißt, dass ein Bett darin steht und zwei Stühle. Dafür ist die Gemeinschaftsküche mit einer Spülmaschine ausgestattet und wir haben eine Waschmaschine und einen Wäschetrockner zur Verfügung.

Auf die erfolgreiche Ankunft in Toronto, unserer ersten richtigen Work & Travel Station, gönnen wir uns am Abend eine Familienpizza (large size) bei Pizzahut. Zu unserer Bestellung meint die Kellnerin: „Maybe medium is enough for you two, large normally is for three or four people.“ (Eigentlich reicht die mittlere Größe für zwei Personen. Die Familienpizza ist normalerweise für drei bis vier Personen gedacht.) Worauf Albrecht nur entgegnet: „We are hungry!“ (Wir haben Hunger!). Und tatsächlich, es ist nichts übrig geblieben. Da wir fast den ganzen Tag vor Stress nichts getrunken haben, kommt uns das Angebot „free refill“, also kostenloses Nachfüllen, gerade recht. Wir nutzen es gründlich aus und trinken knapp 3 Liter Cola. So lassen wir den Abend gemütlich ausklingen und erholen uns von den Reisestrapazen.

Einen Kommentar zu Auf nach Toronto!

  1. Matthias Pulst

    Liebe Sabine, lieber Albrecht,
    Wahnsinn!! – was Ihr erlebt und wie Ihr es erlebt und reflektiert. Nun wünschen wir Euch ein gesegntes Weihnachtsfest in der Ferne mit vielen neuen Eindrücken und der Gewissheit,
    dass die Bedeutung von Weihnachten auch durch die unterschiedlichen kulturellen “Verschiebungen” überall die gleiche ist. Bleibt behütet – wir fühlen uns Euch durch Eure Seite und auch die familiären Berichte sehr verbunden.
    Alles Liebe! Matthias und Susanne