Unterwegs auf der grünen Route

Geschrieben am 4. Juli 2013 von

Schon als wir in Montréal ankommen und das erste Mal auf das Rad steigen, um zu unserer Übernachtungsmöglichkeit zu kommen, merken wir, dass Québec anders ist. Auf unserer letzten Radtour im US-Bundesstaat New York haben wir gelernt, dass die offiziellen Radrouten meistens auf normalen Straßen entlang laufen, da sie eher für Rennräder ausgelegt sind. Auch in Toronto bedeuten Radwege meist, dass ein Straßenschild die Autos darauf hinweist, dass hier eventuell auch Radfahrer unterwegs sein könnten. In Montréal jedoch gibt es einen von der Straße durch einen Bordstein abgetrennten Radweg. Es gibt extra Fahrradampeln und auch für das Links-abbiegen, für das man sonst über drei Spuren mit Autos wechseln muss, gibt es eine Regelung.

Schon bei der Vorbereitung dieser Radtour haben wir gemerkt, dass die Provinz Québec fahrradfreundlicher ist, als andere kanadischen Provinzen. Da wir keine Lust auf überholende, lärmende Autos haben, hielten wir Ausschau nach einem Radweg, der größtenteils auf echten Radwegen, also nicht auf der Straße, verläuft. Und wirklich entdeckten wir bald das Fernradwegenetz „Route Verte“ (Grüne Route) in Québec.

Route Verte 1

Unterwegs auf der Route Verte 1

Wir entscheiden uns für die Route 1, die von Montréal nach Québec City verläuft und auch der älteste Teil dieses Projektes ist, das 1992 seinen Anfang genommen hat. Besonders angenehm ist, dass Zeltplätze die auf der Route liegen, als fahrradfreundlich ausgezeichnet sind. Allerdings kommen sie nur sehr vereinzelt vor, sodass wir per Hand weitere Zeltplätze einzeichnen, die wir über das Internet finden. Nach ein paar Nächten auf verschiedenen Zeltplätzen finden wir allerdings heraus, warum sie nicht eingezeichnet waren.

Die Zeltplätze in Kanada unterscheiden sich sehr von denen in Deutschland. Sie sind zu 99% für Wohnwagen ausgelegt und so muss man auch für ein Zelt die gleichen teuren Raten bezahlen, wie für einen Wohnwagen. Dafür bekommt man dann aber auch eine Platz mit einem Anschluss für Strom und Wasser. Wichtig ist auch ein Holztisch mit zwei Bänken, der für jede Parzelle vorgesehen ist. Damit auch die richtige Wildwestromantik aufkommt, steht außerdem auf jedem Platz eine Feuerschale, die der Asche nach zu urteilen auch rege genutzt wird. So macht dann der Durchschnittscamper abends ein schönes Feuerchen, sitzt davor bis ihm die stechenden Fliegen und Mücken, die hier herumfliegen, zu lästig werden und verschwindet dann im Innern des Wohnwagens, um das Feuer von dort aus zu bewundern.

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Großzügige Parzelle auf dem Zeltplatz. Eigentlich ist der eine Schotterplatz für das Auto, der andere Schotterplatz für den Wohnwagen der Camper da. Rechts im Bild ist die Feuerstelle zu sehen. Nicht im Bild zu sehen, aber vorhanden, ist auch der Strom- und der Wasseranschluss.

Der Radweg an sich ist sehr gut ausgeschildert und auch Steigungen sind in unserer Karte eingetragen. Das dachten wir zumindest, bis wir etwas geschafft an einem Nachmittag auf den Steinen in einer Einfahrt sitzen und überlegen, wie wir weiter fahren wollen. Den ganzen Tag sind wir bergauf – bergab gefahren und die Karte sagt uns, dass wir seit einer Stunde auf gleicher Höhe bleiben. In der Realität kämpfen wir uns aber weiterhin fiese Steigungen hinauf und der nächste Zeltplatz ist noch 20 km entfernt. Da spricht uns eine Frau mittleren Alters an, zuerst auf Französisch, dann auf Englisch „Are you looking for a place to put your tent?“ („Sucht ihr einen Platz zum Zelten?“). Wir können es kaum glauben, sagen aber ohne groß zu überlegen sofort zu und sind neugierig, wer uns da beherbergt. Es stellt sich heraus, dass sie eine Psychologieprofessorin mit einem riesigen Haus mit Garten ist. Sie schreibt gerade an einem Buch über das Glücklichsein und ist unglaublich interessiert an uns und unserer Reise. Sie selbst ist als junge Erwachsene durch Europa gereist und möchte nun etwas von der Gastfreundlichkeit zurück geben, die sie dort erfahren hat. Sie fährt auch gern Rad in der Umgebung und verrät uns eine Abkürzung, mit der wir die vielen Berge umgehen können.

Unser Zelt im Garten unserer Gastgeberin

Unser Zelt im Garten unserer Gastgeberin

Für heute genießen wir aber erst einmal einen gemütlichen Abend mit Gesprächen über unsere Reise. Wir bleiben noch einen weiteren Tag, da es am nächsten Tag in Strömen regnet und sie uns einlädt, bei ihr auf besseres Wetter zu warten. Als wir schließlich unsere Reise fortsetzen, wissen wir, dass Québec nicht nur fahrrad- sondern auch gastfreundlich ist.

2 Kommentare zu Unterwegs auf der grünen Route

  1. Caro

    Hattet ihr auch mal schönes Wetter auf euren Radtouren, die Fotos sind ja alle total verregnet.

    • Sabine

      Hallo Caro,

      wir hatten auf dieser Radtour wirklich sehr viel Regen, aber ein, zwei Tage Sonnenschein waren auch dabei.