Schiff Ahoi!

Geschrieben am 31. Oktober 2012 von

Unser Abenteuer beginnt wie so viele andere mit dem Weckerklingeln. Um 4.00 Uhr morgens reißt er mich aus dem Schlaf und mein Kopf ist sofort hellwach: Jetzt geht es los! Mein Körper braucht noch ein bisschen, aber wir haben ja eine lange Zugfahrt vor uns, während der er nachziehen kann

Im Zug rufen unsere voll beladenen Räder ein ungläubiges Kopfschütteln der Kaffeeverkäuferin hervor, ansonsten verläuft die Zugfahrt aber bis auf eine kleine Verspätung sehr angenehm. Bei den Umstiegen gibt es immer jemanden, der uns mit den schweren Rädern zur Hand geht.

Unser Gepäck kurz vor der Verladung

Die letzte Strecke vom Bahnhof zum Hafen legen wir mit dem Rad zurück. Am Eingang zum Terminal müssen wir auf ein Shuttle warten, das uns zum Kai bringen soll. Da der normale Van zu klein ist, kommt ein ausgedienter Linienbus, in den unsere Fahrräder wunderbar hineinpassen. Hinter gestapelten Containern und hoch aufragenden Containerbrücken sehen wir schließlich „unser“ Containerschiff, die Hyundai Tianjin.

Ein paar Matrosen laden gerade riesige Farbeimer an Bord und helfen uns bereitwillig unser Gepäck und die Fahrräder über die schmale Gangway an Bord zu bringen. Die Fahrräder müssen wir an Deck stehen lassen, weil sie in unserer Kabine keinen Platz haben. Sie sollen aber später unter Deck verstaut werden.

Der Blick aus unserem Kajütenfenster

Von unserer Kajüte sind wir begeistert. Zwei Zimmer mit Teppichboden, gemütlichen Sofas, Schränken, einem Bett und einem eigenen Bad. Das beste aber ist die Aussicht. Die beiden Fenster, die mit dicken Schraubzwängen verschlossen werden, gehen nach vorne hinaus. Über mehrere Reihen Container hinweg sehen wir den Bug und können weit hinaus aufs Meer schauen. Alles in der Kabine ist festgemacht. Die Schranktüren sind mit Magneten verschlossen und die Fächer haben eine extra Zwischenleiste. Auch die Schubladen sind mit einem Hebelmechanismus versehen, damit sie nicht einfach aufgehen. Der Hocker im Schlafzimmer ist an die Wand gekettet. Das lässt uns Schlimmes befürchten, aber erst einmal genießen wir den Blick aus dem Fenster und beobachten das Treiben im Hafen, bis wir schließlich ablegen.

Für die nächsten anderthalb Wochen leben wir auf dem Schiff. Außer uns sind noch 4 weitere Passagiere an Bord und natürlich die Mannschaft, die wir aber selten sehen. Die einzigen festen Termine sind die Mahlzeiten, ansonsten haben wir Freizeit, können uns die Brücke anschauen und auf Deck spazieren gehen. Herrlich!

7 Kommentare zu Schiff Ahoi!

  1. Xiaode

    Kann mich mal jemand aufklären?
    Ich dachte immer, solche Containerschiffmitfahrgelegenheiten hat es zuletzt Ende der 70er Jahre noch gegeben und sind in der heutigen Zeit des Hyperkapitalismus allesamt ausgestorben?
    Wie habt ihr denn diese Reisemöglichkeit ausfindig gemacht?

    • Sabine

      Hallo, das ist ja schön, dass es Dich mal auf unseren Blog verschlägt.
      So eine Mitfahrgelegenheit auf dem Containerschiff ist im Prinzip nicht schwer zu finden. Es gibt einige Reisebüros, die mit den jeweiligen Reedereien zusammen arbeiten und darüber kann man dann eine Reise buchen. Allerdings musst du relativ früh buchen, weil die paar Plätze, die es gibt, schnell vergeben sind. Wir haben z.B. unsere Reise ein dreiviertel Jahr im Voraus gebucht und auch das ging nur, weil kurzfristig noch etwas frei geworden ist.
      Die Reedereien werben damit, dass man während der Reise wirklich Zeit zum Entspannen und Abschalten hat. Ohne Handynetz und Internet ist es tatsächlich ein Ausstieg vom Alltag und entspricht damit durchaus dem Zeitgeist. Nebenbei verdienen die Reedereien natürlich auch ihren Teil an den Passagieren, die zwar durchgefüttert und untergebracht werden müssen, aber eigentlich kaum Mehraufwand machen, weil die Kabinen sowieso da sind und für die Mannschaft ja auch gekocht wird.
      Wir werden demnächst noch einen Artikel mit weiteren Infos über unsere Schiffsreise veröffentlichen und ihn hier verlinken.

      • Albrecht

        Jetzt haben wir auch den Artikel mit mehr Informationen zu unserer Containerschiffüberfahrt geschrieben. Siehe hier:

  2. Katharina

    Ahoj nach Kanada! Das klingt ja gut, was ihr von der Überfahrt berichtet – gibt es da bald mehr davon? ;o) Mich würde das schonmal interessieren, wie es so ist, elf Tage auf See zu verbringen, ohne Internet und ohne sonst irgendwohin gehen zu können.
    Auch ein tolles Foto von der Kajüte, das ist sicher unvergesslich.
    Liebe Grüße aus dem winterkalten München (was Rico ja schon eindrucksvoll beschrieben hat), wo gestern übrigens auch ein Weltreisender vorbei geschaut hat, der “Taiwan Floatman”, der als lebendige Flagge mit dem Fahrrad um die Welt reist um sein Land darin bekannter zu machen – erzähle ich euch bei Gelegenheit mal per skype!

    • sabine

      Na da bin ich mal gespannt auf unser nächstes Skype-Gespräch :-)
      Über die Seefahrt haben wir noch zwei weitere Artikel vorbereitet, die demnächst hier zu lesen sind. Vorerst verrate ich nur, dass es wirklich toll war und uns kein bisschen langweilig geworden ist.

      • Katharina

        Da freu ich mich schon auf eure weiteren Berichte! Ich denke, das hat schon was gewissermaßen romantisches auf so einem Containerschiff! Ich drücke euch noch die Daumen, dass ihr Sandy weiterhin so gut übersteht und der Kelch bzw. der Sturm an euch vorübergeht!
        LG

  3. Rico

    Schön geschrieben und klingt wirklich interessant. Super das Ihr trotz Sturm weiter erfolgreich auf dem Weg nach Kanada seit. Ihr habt’s sicher schon gehört, aber bei uns ist schon Winter :(. Ich muss mich erst einmal wieder an Winter gewöhnen und habe dazu letztes Wochenende gleich das erste Mal seit fast 2 Jahren Schnee vom Auto gekehrt und bin schon fleißig mit Mütze und Handschuhen unterwegs.
    In Bayern haben wir morgen Feiertag und dann flieg ich Freitag nach Amsterdam Freunde besuchen. Ich hab also auch erst mal Kurzurlaub :). Also noch viel Spaß und liebe Grüße aus München